Noch vor ein paar Jahren waren sie schwer angesagt: Social-Bookmarking-Dienste. Auf Diensten wie Delicious (damals noch nach der URL „del.icio.us“ genannt) oder dem deutschprachigen Mister Wong hat man seine Lesezeichen bzw. Bookmarks gespeichert. Zum einen, um – daher das „Social“ – die Bookmarks mit Gleichgesinnten zu teilen, zum anderen, um auf die Lesezeichen von verschiedenen Computern aus zurückgreifen zu können.
Synchronisierung der Lesezeichen bzw. Bookmarks
Nur zur Erinnerung, es gab mal eine Zeit, bei der man nicht wie selbstverständlich das Internet mittels Smartphones oder Tablets mit sich trug. Man saß bei der Arbeit – oder in der Uni – vor einem Rechner, man saß abends vor „dem PC“ oder dem Laptop. Da man mehrere Rechner nutze, war es sinnvoll, dass man die Lesezeichen nicht lokal speicherte, sondern im Netz, um über andere Rechner auf die Lesezeichen zugreifen zu können. Also die Lesezeichen zu synchronisieren. Dazu kam, dass man die Lesezeichen bei Delicious & Co. mit Hashtags versehen konnte, was es einem auf ermöglichte, bei 1000+ Lesezeichen den Überblick zu behalten.
Links sharen
Zweiter Grund, warum Bookmark-Dienste so populär wurden, dass es schließlich gut 200 verschiedene Dienste (von denen vielleicht 10 eine größere Nutzermasse erreichten) gab, was das Sharen – also das Teilen – der Links. Hat man sich bei Delicious eingeloggt, sah man sofort, was für Lesezeichen gerade populär waren – und was für Links „Freunde“ gespeichert haben. Auf diese Weise tauschte man sich über spannende Webseiten und Artikel aus.
Vom Boom zum Elend
Wie gesagt, Social Bookmarks waren irgendwann so „angesagt“, dass ständig neue Dienste hinzukamen. Alle wollten ein Stück vom Kuchen – also den Nutzern – abbekommen. Das hat natürlich die SEO-Dienstleister auf den Plan gerufen, die die Bookmarking-Dienste genutzt haben, um die Seite zu pushen. Wurden – und werden – die Links auf die zu pushende Webseite Stück für Stück (also so, dass es „organisch“ aussah) auf den Diensten erstellt, stieg die Seite im Google-Ranking. Da dies von den Betreibern der Bookmarking-Dienste nicht gewollt war, setzen diese auf abschreckende Maßnahmen wir etwa Captchas, die jedoch auch die Benutzbarkeit für „normale“ User einschränken. Wer will schließlich (oftmals verzweifelt) verschwommene Buchstaben und Ziffern entziffern, nur, um einen einzigen Bookmark zu setzen?
Als deutlich schlimmer für die Dienste als die SEO-Leute erwiesen sich jedoch Twitter, Facebook & Co. Mit dem Siegeszug dieser Dienste sahen Social-Bookmarking-Dienste plötzlich ganz als aus – wer heutzutage „seine“ Links teilen will, macht dies über Facebook, Twitter, Xing und was es da noch so alles gibt.
Dazu kam, dass mit dem Aufkommen der Smartphones und Tablets das Synchronisieren der Bookmarks so elementar wurde, dass die Funktion wie selbstverständlich von diesen bzw. von den Browsern übernommen wurde. Wer etwa ein Android-Smartphone in Kombination mit Chrome nutzt, für den sorgt Google dafür, dass bei allen genutzten Chrome-Versionen – also auf dem PC, dem Laptop, dem Smartphone, dem Tablet, dem Rechner auf der Arbeit etc. – die Bookmarks synchronisiert werden. Wozu dann noch einen externen Anbieter nutzen, bei dem man womöglich sogar noch Captchas eingeben muss?
Social Bookmarks: Was bleibt
Mittlerweile ist es so, dass die Social Bookmarks aufgrund dieser Entwicklung ein Nischendasein fristen. Viele populäre Dienste wie Mr. Wong haben die Funktion ganz eingestellt, manche wie Delicious halten sich noch irgendwie über Wasser, aber die Kleinen gehen ganz vom Netz. Gab es in Deutschland mal mehr als 100 verschiedene Anbieter, sind jetzt noch zwei Dutzend übrig – Tendenz fallend.
Genutzt werden diese Dienste hauptsächlich nur noch für SEO-Zwecke, der normale Privatnutzer ignoriert die Dienste normalerweise. Ein Zustand, der sich wohl auch nicht mehr groß ändern wird. Social Bookmarks werden sich in ihrer Nische behaupten, aber ohne jemals wieder populär zu werden – warum auch, wenn Bookmarks bereits automatisch synchronisiert werden und es Facebook gibt?
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